Liebe Bürger,
eine eingeholte Regenbogenflagge bringt das Land ins Wanken? Eine demokratisch getroffene Entscheidung gefährdet die Demokratie? Ich fürchte, wir haben ein ganz anderes Problem. Es gibt in diesem Land zu viele Übergeschnappte.
Was war passiert? Anfang Oktober hatte die Neubrandenburger Stadtvertretung beschlossen, dass vor dem Bahnhof keine Regenbogenfahne mehr aufgezogen werden soll. Begründung: Die Flagge war in der Vergangenheit bereits mehrfach abgerissen und gestohlen worden. Außerdem sollten vor öffentlichen Gebäuden ausschließlich die hoheitlichen Fahnen der Bundesrepublik Deutschland, Mecklenburg-Vorpommerns, des Landkreises sowie der Stadt wehen, und keine mehr mit politischen Botschaften. Auch die AfD-Fraktion stimmte selbstverständlich dafür.
Ein ganz normaler demokratischer Vorgang. Das sah die links-grünen Blase allerdings anders. Das Hyperventilieren setzte ein: Die Regenbogenfahne wäre verboten worden, „rechte Kräfte“ würden Homosexuelle diskriminieren, „Toleranz und Vielfalt“ seien abgeschafft, die „Menschlichkeit“ in Gefahr. Medien aus ganz Deutschland berichteten über den Fall und zeichneten ein Zerrbild. Bürgermeister Witt sah gar Alarmzeichen, dass die Demokratie „unterwandert“ und „ausgehöhlt“ würde.
Ins selbe Horn stieß der Moderator des NDR-Magazins Panorama 3, der die demokratische Entscheidung der Neubrandenburger unter „Krise der Demokratie“ verbuchte. Darunter machen sie‘s nicht. Aber so läuft es oft bei den selbsternannten Demokraten. Wenn ihnen eine Entscheidung nicht passt, ist die Demokratie in Gefahr. Demokratie ist halt nur schön, solange man die Mehrheit hat.
Nein, der Demokratie geht es gut! Der Mehrheitswille hat sich mit nachvollziehbaren Argumenten durchgesetzt. Warum darf eine bestimmte gesellschaftliche Gruppe ihre Fahne vor öffentlichen Gebäuden hissen, eine andere aber nicht? Vielleicht möchte demnächst auch mal der Motorradclub sein Banner hängen, oder der örtliche Kaninchenzüchterverein? Entweder alle oder keiner. Die Neubrandenburger haben gesagt: Keiner. Wo bitte ist die Krise der Demokratie? Es gibt sie nicht.
Und dies für alle Aufgeregten, die jetzt wieder Puls kriegen, weil sie die rationalen Gründe nicht lesen, geschweige denn verstehen wollen: Als freiheitlich denkender Mensch bin ich selbstverständlich dafür, dass sich jeder seine Lieblingsfahnen hinhängen kann, wo er möchte – privat. Aber vor öffentliche Gebäude gehören sie ganz sicher nicht.
Es kann wirklich nicht verwundern, dass der mittlerweile völlig übertriebene Tanz ums Regenbogenkalb die Leute nur noch nervt. Und zwar nicht, weil sie homophob wären. Nein, sie sind genervt von der Penetranz, mit der sie auf allen Kanälen mit LGBTQ-Zeug dauerbeschallt werden. Ganz ehrlich, damit tut sich diese Community keinen Gefallen. Möge jeder so leben, wie er will. Aber ein bisschen weniger Aufgeregtheit, ein bisschen weniger Aufdringlichkeit täte uns allen gut.